BVK-Experten informierten zum Thema Versicherungs-Check.
Angesichts hoher Energie- und Lebenshaltungskosten stellen Verbraucher:innen derzeit sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand – auch die für Versicherungen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gaben Privathaushalte 2019 durchschnittlich rund 1.500 Euro für Versicherungen aus. Beiträge zu kapitalbildenden Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Je nach Einkommen und Versicherungsschutz kann Einsparpotenzial bestehen. Doch wer vorschnell kündigt, verliert unter Umständen nicht nur den Versicherungsschutz, sondern auch viel Geld. Ob und wie sich beim Versicherungsschutz sparen lässt, dazu informierten Experten des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) in der Sprechzeit. Hier die für die SZ-Leser:innen wichtigsten Fragen und Antworten zum Nachlesen.
Private Krankenversicherung (PKV)
Wie kann ich mit einem Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung sparen?
Gerald Archangeli: Zum Beispiel, indem Sie bestimmte Premiumleistungen abwählen wie Chefarztbehandlung, Einbettzimmer im Krankenhaus, Therapieformen wie Homöopathie oder eine vereinbarte Beitragsrückerstattung bei Nichtinanspruchnahme der Versicherung. Allerdings bedeutet das im Krankheitsfall den Wegfall bestimmter Leistungen oder höhere Kosten für Sie. Eine weitere Möglichkeit ist der Wechsel in den Basistarif, der in etwa den Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen entspricht. Wer finanziell in der Klemme ist, kann den Notlagentarif wählen. Dann kommt die Krankenversicherung ausschließlich im Notfall für eine medizinische Leistung auf.
Ich zahle einen Risikozuschlag für meine PKV, bin aber seit langer Zeit beschwerdefrei. Kann der Zuschlag wegfallen?
Gerald Archangeli: Das hängt vor allem vom Grund für den Risikozuschlag ab. In manchen Fällen, zum Beispiel bei einer erfolgreich therapierten Depression, kann ein Risikozuschlag entfallen. Ist das Risiko einer erneuten Erkrankung jedoch weiterhin erhöht, bleibt der Versicherungsschutz an den Risikozuschlag gebunden. Es kommt auf die Prüfung im Einzelfall an.
Welche Möglichkeiten habe ich noch, bei der PKV zu sparen?
Gerald Archangeli: Sie können beispielsweise Ihre Selbstbeteiligung erhöhen, Zahnersatzleistungen einschränken. Auch die Begrenzung des Erstattungsfaktors bis zum 2,3-fachen der ärztlichen Gebührenordnung kann zu Ersparnissen bei Ihrem Versicherungstarif führen. Außerdem können Sie in Ihren PKV-Vertrag das günstigere Hausarztprinzip aufnehmen, wonach bei Erkrankungen zunächst der Hausarzt anstelle der teureren Fachärzte zu konsultieren ist.
Kfz-Versicherung
Welche Einsparmöglichkeiten habe ich bei der Kfz-Versicherung?
Ingo Aulbach: Da gibt es einige Stellschrauben. Sie können eine höhere Selbstbeteiligung wählen, einen Werkstattservice mit Ihrer Kfz-Versicherung vereinbaren, den Fahrerkreis einschränken oder – wenn das Auto schon älter ist – von der Vollkasko in die Teilkasko wechseln. Falls Sie in diesem Jahr einen Unfall mit einem geringwertigen Schaden hatten, können Sie mit Ihrem Versicherungsvertreter sprechen, ob Sie der Versicherung den Schaden bezahlen. Ein solcher Schadenrückkauf kann verhindern, dass Sie in der Schadenfreiheitsklasse hochgestuft werden. Auch der Wechsel in einen Telematiktarif kann die Prämie senken. Dabei wird laufend Ihre Fahrweise überprüft und ein regelkonformer und vorsichtiger Fahrstil mit Prämiennachlässen belohnt.
Worauf muss ich bei einem Anbieterwechsel achten?
Ingo Aulbach: Achten Sie darauf, identische Tarifmerkmale zu vergleichen, damit Sie nicht versehentlich in einen leistungsschwächeren Tarif wechseln. Berücksichtigen Sie beim Anbieterwechsel zudem unbedingt das Serviceangebot des Kfz-Versicherers und das Vorhandensein eines direkten Ansprechpartners. Oftmals lohnt es sich auch, den bisherigen Versicherer nach einem Angebot zu fragen, bevor Sie wechseln.
Gibt es eine Faustregel, wann sich ein Teilkasko- oder eher ein Vollkasko-Schutz lohnt?
Ingo Aulbach: Bei einem Fahrzeugalter von bis zu vier Jahren sollte man eine Vollkasko-Versicherung haben, ebenso wenn das Fahrzeug fremdfinanziert ist. Bei älteren Autos reicht der Abschluss einer günstigeren Teilkaskoversicherung aus, die Eigenschäden im Fall von Sturm, Diebstahl, Wildunfall und Vandalismus übernimmt. Lassen Sie sich die Differenz zwischen Voll- und Teilkasko von Ihrem betreuenden Versicherungsfachmann genau ausrechnen, um die Ersparnis einschätzen zu können.
Sonstige Versicherungen
Kann man auch bei der Privathaftpflichtversicherung (PHV) sparen?
Alexander Wild: Bei Versicherungskosten von jährlich 80 bis 150 Euro ist das Einsparpotenzial bei der PHV im Vergleich zu den Verträgen der Altersvorsorge eher gering. Wenn Sie mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben oder verheiratet sind, können Sie eine PHV gemeinsam nutzen, zum Beispiel im Familientarif. Achten Sie aber darauf, dass die Versicherungsleistungen nicht zu gering vereinbart werden. Als Mindestschadenssumme bei Personen- und Sachschäden sollten pauschal zehn Millionen Euro, besser jedoch 50 Millionen Euro vereinbart werden.
Was muss ich bei der Hausratversicherung beachten, damit sie nicht zu teuer wird?
Gerald Archangeli: Prüfen Sie, ob Sie Schadensdeckungen zum Beispiel für Stromausfall, Überspannungsschäden, Fahrraddiebstahl tatsächlich benötigen. Durch die Abwahl von einzelnen Tarifoptionen können Sie Ihre Versicherungsprämien senken.
Ist eine Reiserücktrittsversicherung sinnvoll?
Ingo Aulbach: Sie kann sinnvoll sein, wenn es um teure, lange im Voraus gebuchte Reisen geht oder ein Risiko besteht, vor der Reise unerwartet krank zu werden oder sogar die Reise wegen eines Notfalls daheim abbrechen zu müssen. Im Gegensatz zur Auslandskrankenversicherung zählt die Reiserücktrittsversicherung aber nicht zu einem existenziellen Versicherungsschutz auf Reisen. Verzichtbar sind meist Reise-Rundum-Sorglospakete, da die darin angebotenen Risiken wie Reise-Haftpflicht oder Reise-Rechtsschutz bereits über die normalen Policen versichert sind.
Wann kann ich einen laufenden Versicherungsvertrag kündigen? Worauf muss ich dabei achten?
Alexander Wild: Die meisten privaten Versicherungsverträge sind zum Ablauf einer Versicherungsperiode kündbar oder beim Wegfall der versicherten Sache, also zum Beispiel wenn Sie Ihr Auto abschaffen. Achten Sie auf jeden Fall darauf, die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten. Ein Sonderkündigungsrecht haben Sie in der Regel, wenn der Versicherer die Prämien erhöht, zum Beispiel bei der Kfz-Versicherung. Grundsätzlich können jedoch nicht alle Versicherungen gekündigt werden. Basisrentenverträge sind nicht mehr kündbar, sie können nur ruhend gestellt werden.
Noch ein Spartipp zum Schluss: Verträge regelmäßig prüfen
Mancher Versicherungsvertrag schlummert über Jahre ungeprüft im Ordner. Währenddessen hat sich bei den Tarifen aber oft einiges getan. Häufig ist derselbe Versicherungsschutz in der Zwischenzeit günstiger zu bekommen oder die Leistungen wurden bei gleichen Kosten ausgeweitet. Wichtig: Beim Tarifvergleich sollten Sie immer die Leistungen vergleichen und nicht allein nach der Höhe der Prämie gehen. Eine Überprüfung empfiehlt sich auch, wenn sich Lebensumstände ändern.
Die Experten in der Sprechzeit waren:
• Gerald Archangeli; Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), Berlin
• Alexander Wild; Versicherungsfachmann, Vorsitzender des BVK-Bezirksverbands Kassel
• Ingo Aulbach; Versicherungsfachmann, Sprecher des BVK-Bezirksverbands Essen, Mühlheim an der Ruhr, Oberhausen
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