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Das Jüdische Museum reagiert mit einem eigens entwickelten Konzept auf den Hamas-Angriff am 7. Oktober.

Foto: Jüdisches Museum/ Norbert Miguletz

Am 7. Oktober folterten und ermordeten Hamas-Terroristen mehr als 1300 Menschen in Israel und verschleppten etwa 240 Babys, Kinder, Frauen und Männer gewaltsam in den Gaza-Streifen. Die filmisch dokumentierte Monstrosität ihres Massakers stellt eine Zäsur in der jüdischen Gegenwart dar, die sich in Retraumatisierung, Angst und Fassungslosigkeit von Jüd:innen in Deutschland zeigt. Seitdem Israel militärisch gegen die Hamas im Gaza-Streifen vorgeht, ist die Anzahl antisemitisch motivierter Gewalttaten bedeutend gestiegen. Der Terror der Hamas wird auf Demonstrationen und in den Sozialen Medien als Befreiungsschlag gefeiert und Israel dämonisiert. Die Zahl der Gedenkveranstaltungen für die Opfer der von der Hamas verübten Massaker indes ist gering.
 
Das Jüdische Museum Frankfurt versteht es als seine Aufgabe, die Zäsur des 7. Oktober öffentlich zu thematisieren – unter anderem mit einer eigens entwickelten Soundinstallation, einer Bildungsoffensive und Gesprächsveranstaltungen.
 
Seit dem gestrigen Donnerstag, 2. November, ist die Skulptur „Untitled“ von Ariel Schlesinger (Foto) auf dem Vorplatz des Museums am Bertha-Pappenheim-Platz 1 blau illuminiert; in einer Soundinstallation werden die Namen und das jeweilige Alter der Geiseln verlesen. Mit dieser Aktion schließt sich das Museum der internationalen Initiative „Bring Them Home Now“ an, die von Angehörigen initiiert wurde und eine sofortige Freilassung der Geiseln fordert. Der Oscar-nominierte Filmemacher Ari Folman hat mit einigen der Angehörigen Filminterviews geführt, die während der Öffnungszeiten des Museums dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr in der Bibliothek zu sehen sind. Der Eintritt ist frei.
 
Die Bildungsoffensive des Museums richtet sich gegen den sprunghaft angestiegenen Antisemitismus und konzentriert sich in erster Linie auf Schulen. Sie umfasst den 2,5-stündigen Workshop „Antisemitismus – Juden als Fremd- und Feindbilder“ für Schüler:innen ab der 8. Klassenstufe, den Lehrkräfte buchen können. Darüber hinaus bietet das Museum Lehrer:innen sowie Schulleitungen einen geschützten Raum für den kollegialen Austausch über die Auswirkungen des Terrors von Hamas sowie der militärischen Reaktion Israels auf den Alltag an deutschen Schulen an. Das Ziel des Austauschs besteht darin, das Wissen um die historischen Zusammenhänge der aktuellen Entwicklungen zu stärken und Lehrende in einem antisemitismuskritischen Umgang mit Schüler:innen zu unterstützen. Die erste Veranstaltung ist bereits ausgebucht; die zweite findet am Donnerstag, 23. November, von 16 bis 18 Uhr statt. Um Anmeldung bis zum Vortag per E-Mail an besuch.jmf@stadt-frankfurt.de wird gebeten.
 
Der Bildungsoffensive an Schulen steht eine neu konzipierte Führung „Auseinandersetzung mit Antisemitismus“ zur Seite, die sich an Erwachsene richtet und online und vor Ort stattfindet. Anhand ausgewählter Stationen in der Dauerausstellung des Museums geht die Führung auf die verschiedenen Umgangsformen und Gegenstrategien von Jüd:innen mit Antisemitismus sowie die Geschichte des Zionismus im 20. Jahrhundert ein und nimmt dabei Bezug auf die aktuelle Situation. Die nächste Online-Führung bietet die Direktorin des Museums, Prof. Mirjam Wenzel, am Montag, 6. November, um 18 Uhr an. Um Anmeldung per E-Mail an onlineredaktion@juedischesmuseum.de wird gebeten.
 
Am 15. November, um 19 Uhr veranstaltet die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums aus aktuellem Anlass eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Auswirkungen des 7. Oktober auf die jüdische Gegenwart in Deutschland“. Gesprächsteilnehmer:innen sind der Musiker, Autor und Berater Ofer Waldman, die Autorin und ZEIT-Journalistin Sarah Levy sowie die iranische Kurdin und Frankfurter Kommunalpolitikerin Tara Moradi. Um Anmeldung bis zum Vortag per E-Mail an theresa.gehring@freunde-jmf.de wird gebeten.
 
Das Jüdische Museum Frankfurt wird als das erste Jüdische Museum in kommunaler Trägerschaft der Bundesrepublik Deutschland in diesem Monat 35 Jahre alt. Es setzt seine Ausstellungs- und Vermittlung jüdischer Kultur in Geschichte und Gegenwart an beiden Standorten unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen fort und versteht sich weiterhin als ein Museum ohne Mauern, das interkulturelle Verständigung stärken und gesellschaftsgestaltend wirken will. Für Donnerstag, 16. November, lädt das Jüdische Museum die Öffentlichkeit von 10 bis 21 Uhr ein, das Jubiläum bei kostenfreiem Eintritt mit besonderen Führungen und Gesprächen im neuen Museumskomplex am Bertha-Pappenheim-Platz 1 zu begehen. Details finden sich unter juedischesmuseum.de/veranstaltungen.