Unterstützende soziale Beziehungen können depressive Symptome bei Menschen mit Demenz reduzieren

Depressionen sind bei Menschen mit Demenz weit verbreitet. Sie verschlechtern die Lebensqualität der Erkrankten und können außerdem das Fortschreiten der Erkrankung beschleunigen. Erstmalig zeigen aktuelle Analysen von Frau Dr. Iris Blotenberg aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jochen René Thyrian vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Greifswald, dass unterstützende soziale Beziehungen depressive Symptome bei Menschen mit Demenz deutlich reduzieren können. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift der amerikanischen gerontologischen Gesellschaft Innovation in Aging veröffentlicht.
Analysiert wurden die Daten von 334 Personen mit Demenz im frühen und mittleren Stadium über einen Zeitraum von vier Jahren. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden lag bei 80,2 Jahren, 59,3 Prozent waren Frauen. Die Fragestellung war, ob soziale Beziehungen in Form von emotionaler Zuwendung, praktischer Hilfe oder sozialem Eingebundensein einen Einfluss auf depressive Symptome bei an Demenz erkrankten Menschen haben. Einmal im Jahr wurden die Personen u.a. zu ihrem emotionalen Befinden befragt, zum Beispiel zur Lebenszufriedenheit, zum Energielevel oder zum Selbstwert. Außerdem wurde erhoben, ob es Menschen gibt, die zuhören, helfen oder einfach da sind – etwa bei Krankheit oder in schwierigen Momenten.
Die Analyse kommt zu einem klaren Ergebnis: Unterstützung aus dem sozialen Umfeld – also das Gefühl, verstanden, wertgeschätzt und eingebunden zu sein – wirkt sich sehr positiv auf das psychische Befinden der Betroffenen aus. Wer dieses Gefühl erlebt, zeigt signifikant weniger depressive Symptome.
Zu Beginn der Studie wiesen 13,8 Prozent der Teilnehmenden depressive Symptome auf. Die Auswertung zeigte: Je stärker die wahrgenommene soziale Unterstützung, desto geringer waren die depressiven Symptome. Zum Ende des Analysezeitraums wies knapp jede dritte Person mit geringerer sozialer Unterstützung depressive Symptome auf, während es unter jenen mit höherer Unterstützung nur etwa jede vierzehnte Person war. Umgekehrt führte ein Rückgang der Unterstützung zu einer Zunahme der Symptome. Dieser Zusammenhang blieb auch dann bestehen, wenn weitere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Wohnsituation, kognitive Leistungsfähigkeit oder Komorbiditäten berücksichtigt wurden.
„Unsere Forschung zeigt, dass die psychosozialen Bedarfe von Menschen mit Demenz eine wichtigere Rolle in der Versorgung spielen sollten“, erklärt Dr. Blotenberg. „In der häuslichen Pflege oder in stationären Einrichtungen muss der Förderung sozialer Teilhabe ein zentraler Stellenwert eingeräumt werden.“
Über die Datenbasis
Die Daten für die Analysen stammen aus der Interventionsstudie „DelpHi-MV“, die durch das DZNE Rostock / Greifswald durchgeführt und finanziert wurde. DelpHi-MV steht für Demenz: lebensweltorientierte und personenzentrierte Hilfen in Mecklenburg-Vorpommern.
Im Rahmen dieser randomisiert-kontrollierten, versorgungsnahen Studie wurde die Wirksamkeit eines innovativen Versorgungsansatzes untersucht. So konnte gezeigt werden, dass sich die medizinische, pflegerische und psychosoziale Situation von zu Hause lebenden Menschen mit Demenz und deren Angehörigen durch Dementia Care Management verbessern lässt. Dementia Care Management ist nach dem Ende der Studie in die S3-Leitlinie Demenzen aufgenommen worden.
Originalpublikation: https://doi.org/10.1093/geroni/igaf047
Über die Alzheimer Forschung Initiative e.V.
Die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) fördert seit 1995 Alzheimer- und Demenzforschung. Mit kostenlosen Broschüren und umfassenden Informationen auf der Website www.alzheimer-forschung.de klärt die AFI über Demenzerkrankungen auf. Bis heute konnte der Verein 420 Forschungsaktivitäten mit 17,7 Millionen Euro unterstützen und über 975.000 Ratgeber und Broschüren verteilen. Die AFI finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden und kooperiert nicht mit der Pharmaindustrie. Als Träger des Spendenzertifikats des Deutschen Spendenrates verpflichtet sich der Verein zu einer transparenten Verwendung von Spenden. Die AFI ist Mitglied im Netzwerk Nationale Demenzstrategie. Botschafterin ist die Journalistin und Sportmoderatorin Okka Gundel.