Ein fataler Unfall oder eine schwere Krankheit können jeden treffen – jederzeit. Dann übernimmt keineswegs die/ der Ehepartner:in oder ein:e nahe:r Verwandte:r automatisch die Rechtsgeschäfte im Namen de:r Betroffenen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig vorzusorgen. Die Notarkammer Frankfurt am Main gibt Tipps.
Vollmachtgeber:innen können Vertrauenspersonen für den Ernstfall oder bei längeren Abwesenheiten umfassende Entscheidungsbefugnisse erteilen, die sogar über ihren eigenen Tod hinaus wirken. Der Gang zu:m Notar:in ist zumeist nicht vorgeschrieben, aber zu empfehlen, um zu verhindern, dass die Gültigkeit der Vollmacht angezweifelt wird. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht der gängigsten Vollmachten für Privatleute und Unternehmen.
Generalvollmacht
Die Generalvollmacht ist die größtmögliche Übertragung von Entscheidungsbefugnissen in rechtlichen und persönlichen Belangen. Sie deckt jedoch nicht alle Lebensbereiche ab: Soll die/ der Bevollmächtigte beispielsweise über medizinische Behandlungen der/ des Vollmachtgeber:in entscheiden dürfen, muss dies ausdrücklich in der Vollmacht genannt werden. Prinzipiell ausgeschlossen ist eine Vertretung in höchstpersönlichen Angelegenheiten wie Eheschließung, Scheidung oder Testamentserrichtung.
Trans- und postmortale Generalvollmacht
Generalvollmachten können als Vorsorgeinstrument auch über den Tod hinaus erteilt werden. Das heißt, sie sind nach dem Tod des Vollmachtgebers weiterhin wirksam und ermöglichen der/ dem Bevollmächtigten, auch ohne Erbschein beispielsweise Verträge im Namen der/ des Verstorbenen zu kündigen oder Bankgeschäfte in deren/ dessen Sinne abzuwickeln. Transmortale Vollmachten gelten sowohl vor als auch nach dem Ableben de:r Vollmachtgeber:in, postmortale Vollmachten ausschließlich nach dem Lebensende.
Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht können Vollmachtgeber eine Person Ihres Vertrauens ermächtigen, in ihrem Namen vermögensrechtliche Entscheidungen zu treffen. Bevollmächtigte können zum Beispiel über Bankkonten und Schließfächer verfügen, Verträge schließen und kündigen sowie den Vollmachtgeber gegenüber Gerichten und Behörden vertreten. Die Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden, solange der Betreuungsfall nicht eingetreten ist.
Patient:innenverfügung
Wollen potenzielle Betroffene für den Fall vorsorgen, dass sie selbst keine Therapiewünsche mehr äußern können, ist zusätzlich zur Vorsorgevollmacht eine Patient:innenverfügung empfehlenswert. Diese sollte möglichst genau beschreiben, welche Behandlungsformen in welcher Situation durchgeführt werden sollen. Allgemeine Formulierung wie die, auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten, sind im Regelfall nicht ausreichend.
Betreuungsverfügung
Wer seine Angelegenheiten beispielsweise nach einem Unfall nicht mehr selbst regeln kann, erhält eine:n rechtliche:n Betreuer:in. Um zu verhindern, dass diese:r durch ein Gericht bestimmt wird, kann stattdessen in einer Betreuungsverfügung eine Person des Vertrauens festgelegt werden. Die Vertretungsmacht kann umfassend oder auf bestimmte Bereiche beschränkt sein. Ferner unterliegt die/ der Betreuer:in der Kontrolle des Betreuungsgerichts und benötigt zum Beispiel für Wohnungsauflösungen oder Hausverkäufe dessen Genehmigung.
Prokura
Eine der wichtigsten Vollmachten in Unternehmen des Handelsverkehrs ist die Prokura. Es handelt sich um eine sehr weitreichende Vertretungsmacht, deren Umfang gesetzlich geregelt ist und – mit einigen wichtigen Ausnahmen – nahezu alle gerichtlichen sowie außergerichtlichen Rechtsgeschäfte einschließt. Die Prokura kann nur persönlich durch Kaufleute wie GmbH-Geschäftsführer oder deren gesetzliche Vertreter:innen erteilt werden und ist durch eine:n Notar:in ins Handelsregister einzutragen.
Handlungsvollmacht
Eine weitere geschäftliche Vertretungszuständigkeit ist die Handlungsvollmacht. Diese kann ein:e Kauffrau/ Kaufmann oder Prokurist:in eine:r Mitarbeiter:in erteilen. Anders als die Prokura ist sie auf ein Handelsgeschäft begrenzt; die/ der Bevollmächtigte darf also nur einzelne, konkrete Rechtshandlungen durchführen, die üblich für das Handelsgewerbe sind. Zudem kann die Handlungsvollmacht bei Zustimmung der/ des Vollmachtgeber:in übertragen werden.
Vollmachten vor Missbrauch schützen
Um Missbrauch zu vermeiden, sollten nur absolut vertrauenswürdige Personen mit einer Vollmacht ausgestattet werden. Zudem sollten Vollmachtgeber:innen die Vollmacht unbedingt widerruflich ausgestalten und direkt in dem Dokument regeln, zu welchem Zweck die/ der Bevollmächtige seine Befugnisse nutzen darf. Ferner ist es ratsam festzuhalten, dass die/ der Bevollmächtigte nur handeln darf, wenn sie/ er das unterzeichnete Original oder eine auf ihren/ seinen Namen lautende notarielle Ausfertigung vorlegt.
Sind Vollmachten nur mit Notar:in gültig?
Dass nur notariell beglaubigte oder beurkundete Vollmachten gültig wären, ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Zwingend notwendig ist eine notarielle Vollmacht vor allem im Zusammenhang mit Grundstücksverträgen. Allerdings ist die Einbeziehung eine: Notar:in sehr sinnvoll, vor allem, wenn beispielsweise aufgrund des Alters der/ des Vollmachtgeber:in Zweifel an deren/ dessen geistiger Gesundheit bestehen. Wer zu eine:r Notar:in geht und ihre/ seine Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Unterschrift sowie die Echtheit der Unterschrift bestätigen lässt, verringert das Risiko, dass die Vollmacht von eine:r Dritten nicht anerkannt wird. Auf Musterformulare aus dem Internet sollten Vollmachtgeber:innen generell verzichten.
Wer sich im Vorfeld von eine:r Notar:in zu diesem Thema beraten lassen möchte, findet im Internet unter https://notar.de/ die richtigen Ansprechpartner:innen. Besuchen Sie auch das Online-Verbraucherportal der Notarkammer unter https://ratgeber-notar.de/.